Ich bin

Maximilian Wust - Ich bin

Ich bin
Eine Prosa von Maximilian Wust



Bla, bla, bla … vom Selbsthass zerfressener Jugendlicher … bla, bla, bla … Schreibwettbewerb.


DIE MENSCHEN SCHENKTEN mir schließlich einen Namen.

Girru, so nannten mich die Erbauer der ersten Städte, als Arinitti wurde ich in Tempeln verehrt, als Pele besänftigt, als Teufel gefürchtet.

Dabei war ich nichts Geringeres als der Anfang, der Anbeginn aller Dinge. Als die ewige Dunkelheit herrschte, durchdrang ich sie mit dem ersten Licht. In meinen Öfen buk ich die ersten Sterne, in ihren Antlitz gediehen die ersten Pflanzen.

Ich führte die Menschen, die mich später benennen sollten, in unbewohnbar kaltes Land und machte ihre Stämme zu Städten. Als sie ihre warme Wiege verließen, war es meine Wärme, die in den stillen, dunklen Reichen die Kälte fernhielt. Über meiner Hitze bereiteten sie ihr Essen. In meinem Schatten fanden sie Trost. Man verehrte mich schon bald. Kriege wurden um mich geführt, den Göttern wurde ich gestohlen und in alten, vergangenen Tagen gab es solche, die mich mit heiligen Ritualen bewahrten. Man machte mich zu Göttern, zum obersten Gott, bettete mich in Geschichten, Märchen, Aberglauben und auch Opfern.

Man beging mit mir so viele Grausamkeiten. Sie lernten, wie ich Metall verformbar mache und ich schmiedete ihre Waffen, ihre Schwerter, ihre Äxte, ihre Gewehre und Panzer. Dann wurde ich selbst zur Waffe, ob nun gelegt, wie ein Samenkorn auf trockenem Grund gesät oder schlafend, in einer vom Himmel stürzenden Bombe. Ich zerstörte, die tausend Jahre gehalten hatten. Als sie verstanden, wie man das Atom spaltet, da nährten sie mich– mit hunderttausend Seelen in nur einer Sekunde. Ich war es auch, die sie mit zweihundert Stundenkilometern über die Autobahn rasen ließ. Ich schenkte den Maschinen Leben, ihren untoten Sklaven aus Stahl, mit denen sie die Kontinente überzogen und den Himmel verpesteten.

Ich bin wahrlich die Herrin über den Tod, aber auch über das Leben. Ich erwärmte die Becken ihrer Bäder, ich kochte ihre Arzneien, schenkte Energie und als Draht aus Platin und später Wolfram, ließ ich in Glühbirnen die Nacht zum Tag erstrahlen. Ich ließ sie im Winter T-Shirts tragen. Ich ließ sie in Clubs schwitzen.

Sie werden es nicht zugeben, aber nach wie vor bin ich die Herrscherin ihrer Welt. Ich lasse ihre Pflanzen wachsen, ihren Ottomotor arbeiten, ich spende ihren Zellen Kraft und ich lasse sie sogar altern. Winzige Verbrennungen, ausgelöst durch eingeatmeten Sauerstoff, zerstören Stück für Stück ihr Erbgut und machen sie alt.

Wenn sie diese Welt eines Tages verlassen, weil ich sie verbrenne, dann werden sie es mit meiner Hilfe tun, in Raumschiffen, die ein Hitzestrahl in den Himmel hebt. Ich bin der winzige Funke in ihren Gehirnen, alle Funken, das Neuronenfeuer, das ihnen einen Verstand gewährt. Ich bin im Akku ihrer Smartphones und das Licht in ihren Lampen.

Ich bin die Bewegung im ewigen Stillstand. Ich bin Energie.

Aber ganz zuerst, da nannten sie mich das Feuer.

Maxx, 2000

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